Die Wahl der richtigen Steuerklasse und ihre tatsächliche Auswirkung führt bei vielen Steuerpflichtigen immer wieder zu Unsicherheiten. Die gute Nachricht vorab: Wer eine evtl. nachteilige Steuerklasse gewählt hat, kann dies in den meisten Fällen ohne negative Auswirkungen korrigieren.
Lohnsteuerklassen gibt es nur für Arbeitnehmer, also bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit und unbeschränkter Steuerpflicht. Unbeschränkt steuerpflichtig sind jedenfalls Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. In der Regel wird ein gewöhnlicher Aufenthalt bei mehr als der Hälfte des Jahres in Deutschland unterstellt. Mit der Steuerklasse berechnet die Finanzverwaltung näherungsweise die Steuervorauszahlung unter Berücksichtigung der im Gesetz geregelten Pauschalabzugsbeträge. Diese wird dann im Wege des Lohnsteuerabzugs direkt an der „Quelle“, also durch den Arbeitgeber, abgezogen und wird auf der Lohn- oder Gehaltsabrechnung ausgewiesen.
Insgesamt gibt es sechs Steuerklassen. In Steuerklasse I werden nicht verheiratete bzw. dauernd getrennt lebende Personen einsortiert. Hierzu gehören auch geschiedene und verwitwete Personen. Letztere werden erst ab dem übernächsten Jahr nach dem Tod des Partners in Steuerklasse I eingeordnet.
Steuerklasse II ist für Alleinerziehende mit Kindern im Haushalt, für die ein Kindergeldanspruch besteht, vorgesehen. Es dürfen keine weiteren Personen als eigene Kinder im Haushalt leben, also kein Lebensgefährte oder dergleichen. Die Steuerklasse II ist steuerlich vorteilhafter als die Steuerklasse I, da der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende direkt beim Steuerabzug berücksichtigt wird.
Die Steuerklassen III, IV und V sind für verheiratete bzw. verpartnerte Arbeitnehmer vorgesehen. Wählen die Eheleute keine Steuerklasse, erhalten sie beide die Steuerklasse IV. Der Steuerabzug ist dann gemessen an den Einkünften gleich hoch und entspricht vereinfacht gesagt der Steuerklasse I für nicht Verheiratete. Diese Kombination sollte bei etwa gleich hohem Verdienst gewählt werden. Wählen Paare mit stark unterschiedlichen Einkommen diese Steuerklassenkombination, behält das Finanzamt in der Regel zu viel Steuern ein, die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung dann erstattet werden. Weiterhin gibt es die Steuerklasse IV „mit Faktor“. Hier wird bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren die voraussichtlich gemeinsam zu zahlende Einkommensteuer im Verhältnis auf die Eheleute verteilt. Dies geschieht nur auf Antrag und wenn der Faktor unter 1 liegt.
Verheiratete Paare können die Steuerklassenkombination III und V wählen. Dabei ist der Steuerabzug in der Steuerklasse III verhältnismäßig geringer und der Steuerabzug in der Steuerklasse V höher, da der doppelte Grundfreibetrag bei der Steuerklasse III gewährt wird, bei der Steuerklasse V hingegen keiner. Wählt ein Partner die Steuerklasse III, muss der andere notwendigerweise die Steuerklasse V erhalten. Sinnvoll ist die Wahl dieser Steuerklassenkombination nur, wenn entweder ein Partner nicht als Arbeitnehmer arbeitet oder die Verdienste als Arbeitnehmer sehr unterschiedlich hoch sind. Bei Wahl dieser Steuerklassenkombination ist die Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtend. Steuerpflichtigen mit stark unterschiedlichen Verdiensten sollte klar sein, dass es bei der Einkommensteuerveranlagung zu einer Steuernachzahlung kommen kann. Im Laufe des Jahres ist aber eine bessere Liquidität vorhanden.
Die Steuerklasse VI ist für diejenigen, die weitere sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse haben oder schuldhaft dem Arbeitgeber die Lohnsteuerabzugsmerkmale nicht bereitstellen. Der Lohnsteuerabzug ist hier sehr hoch, da keine Abzugspauschalen bzw. Freibeträge eingearbeitet sind. Der Ausgleich erfolgt hier in der Regel über die Einkommensteuerveranlagung.
Seit dem Jahr 2020 ist der Wechsel der Steuerklasse bei Verheirateten bzw. Verpartnerten auch mehrmals im Jahr möglich. Dies ist bei sich abzeichnender Einkommensverschiebung sinnvoll, kann sich unter gewissen Voraussetzungen auch positiv auf die Höhe des Arbeitslosen-, Kranken- oder Elterngeldes auswirken. Hier sollte der Steuerberater in Anspruch genommen werden, denn ein Wechsel kurz vor Eintritt dieser Ereignisse ist zumeist unbeachtlich, wenn er nicht rechtzeitig vorgenommen wird.
Achtung: Beim Bezug z. B. von Kranken-, Arbeitslosen- oder Elterngeld ist grds. die Steuerklasse zum Zeitpunkt des Bezugs- oder Jahresbeginns maßgeblich. Diese Leistungen sind zwar steuerfrei, unterliegen aber dem sog. Progressionsvorbehalt und führen zu einer Pflichtveranlagung. Das bedeutet, dass der Steuersatz auf die anderen zu versteuernden Einkünfte erhöht wird. Dies betrifft insbesondere Personen, die in einem Kalenderjahr sowohl Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, Vermietung, Kapital o. ä. haben als auch Bezug von Kranken-, Arbeitslosen- oder Elterngeld, aber auch zusammenveranlagte Paare, bei denen einer im Leistungsbezug steht, der andere steuerbare Einkünfte erzielt.